Jungkoch in der Drei-Sterne-Küche trifft auf veganen Routinier

Jungkoch in der Drei-Sterne-Küche trifft auf veganen Routinier

In dieser Küche kommen Welten zusammen: hier der Meister mit seinem Restaurant mitten in einer Großstadt, dort der Geselle aus einem Urlaubsresort in der Schwarzwaldidylle. Hier das kleine Glückstein in Mannheim mit drei Leuten in der Küche und fünf im Service, dort die Traube Tonbach in Baiersbronn mit hunderten Mitarbeitern und allein 15 Köchen für die Schwarzwaldstube. Der wichtigste Unterschied aber: Roman Kress isst und kocht seit zehn Jahren vegan. Bei Kilian Götte kommt schon im Personalessen täglich Fleisch auf den Tisch.

Herzlich Willkommen und herzlichen Glückwunsch an unsere beiden Protagonisten: Roman Kress, 35, der jahrelange Erfahrung aus Sterneküchen mitbringt, ist neues Mitglied der Meistervereinigung. Kilian Götte, 23, der Drittplatzierte unseres Nachwuchswettbewerbs „die besten 10“, hat in der Traube Tonbach gerade erfolgreich seine Ausbildung abgeschlossen. Eigentlich wollte er nach Südtirol, wo er im Restaurant miil schon ein Praktikum gemacht hatte. Dann aber kam ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte, denn hallo? Als Demichef de Partie in Torsten Michels Drei-Sterne-Team der Schwarzwaldstube? Mehr geht in Deutschland eigentlich nicht.

 

So unterschiedlich das jeweilige Arbeitsumfeld der beiden auch sein mag: Schon bei der Abstimmung des Menüs harmonieren Roman und Kilian sofort miteinander. Und beim Doing in der Küche merkt man: Hier stehen zwei Profis, die sich mit gegenseitigem Respekt begegnen. Kilian packt im Glückstein gleich seine Messertasche aus, die er seit Beginn der Azubizeit hat, bereitet aber erst einmal die Füllung für die Cannoli vor, bei der es nichts zu Schneiden gibt. Das Dessert hat er mit der Chefpatissière der Traube Tonbach, Heike Thalhofer, abgesprochen. Da Grünkern unser regionales Thema ist, vermischt er Grünkernmehl mit Sojamilch als Basis für die Füllung. Roman schneidet derweil Gemüse für die Vorspeise und blanchiert parallel Blumenkohl für das Hauptgericht. „Super Idee, die Blumenkohl-Wings als Alternative zu Chicken-Wings“, sagt Kilian. Schmunzelnd erzählt Roman, was ihm mal ein früherer Chef gesagt habe: „Wenn du glaubst, du hast etwas erfunden, hast du nur noch nicht genug gelesen.“

Moment mal! Dazu müssen wir sagen: Die kreative Eigenleistung von Roman Kress geht weit über das hinaus, was einem sonst so in veganen Küchen geboten wird. Das liegt auch daran, dass dort häufig Quereinsteiger stehen, hier im Glückstein aber ein Küchenmeister am Werk ist. Mittags gibt es im nach dem Mannheimer Heimatdichter Hanns Glückstein genannten Glückstein-Quartier, einem ehemaligen Betriebsgelände der DB Bahn, wo jetzt Dienstleitungen, Wissenschaftseinrichtungen und hochwertige Wohnungen angesiedelt sind, eher schnelle Gerichte für die Anlieger. Abends wird in zwei Slots auch ein raffiniertes Vier-Gänge-Menü für Gäste von weiter her angeboten. Reine Veganer seien im Glückstein nur zu zehn Prozent vertreten. Ansonsten gebe es viele, „die einfach mal was Neues ausprobieren wollen“, sagt Roman, der niemanden zu etwas drängen will, sondern nur „die Leute da abholen, wo sie sind“.

 

Er selbst hat vor langer Zeit seinen Job als Küchenchef und Ausbilder in der Schweiz geschmissen und dann eigene und eben vegane Konzepte entwickelt. Kilian Götte, der zwar gerne Fleisch isst, zeigt sich offen für alles. Im größeren Freundeskreis, wo häufiger ein Veganer oder Vegetarier mit am Tisch sitze, finde er es auch „ganz cool, vielseitig vegan zu kochen und nicht einfach nur das Fleisch oder den Fisch wegzulassen“.

 

In der Glückstein-Küche ist Kilian gerade in der heißen Phase. 175 Grad zeigt das Thermometer im Topf mit Sonnenblumenöl. Den ausgestochenen Teig für die Cannoli, eine Spezialität aus Sizilien, wickelt er um einen Holzstab und gibt diesen vorsichtig zum Frittieren in den Topf. Da zischt und spritzt nichts, und nach einiger Zeit lässt er die Cannoli noch ohne Stab von allen Seiten knusprig werden, ehe er sie wieder aus dem Öl herausschöpft und für die weiteren Schritte bereitlegt. Mit Hitze hat er eh kein Problem, weiß aber von jungen Azubis: „Denen ist anfangs noch vieles zu heiß, was sie beim Kochen mit den Fingern anfassen.“

 

Roman hat derweil schon den Sticky Rice gedämpft. Klebreis also, „bei dem man nichts falsch machen kann“ und der als Sockel für die Blumenkohl-Wings, Wildkräuter und finalement die angegossene Teriyaki-Sauce dient. Er ist generell ein Fan der asiatischen Küche, besonders von der in Thailand, wo er schon oft unterwegs war. „In den Garküchen auf den Straßen, wo es fast rund um die Uhr etwas zu essen gibt, steht weniger ein Hauptprodukt wie Fleisch, Fisch oder Meeresfrucht im Fokus, sondern geht es mehr um ein stimmiges Gericht insgesamt.“ Als Veganer müsse man in Thailand aber schon genauer fragen, weil viel mit Fischsauce gearbeitet werde.

 

Und wie geht das hier in der Küche so ganz ohne Butter, Sahne, Käse, fragen wir. Es gibt für alles gute Alternativen, sagt Roman Kress, sogar für Baiser zum Beispiel mit Kichererbsenwasser. Und überhaupt Hülsenfrüchte: „Es gibt allein 100 verschiedene Linsensorten, aus denen man so viel machen kann.“

Am Ende der unterhaltsamen Küchenzeit im Glückstein jedenfalls fehlt es uns an nichts. Wir genießen ein abwechslungsreiches und ja, auch leichtes und bekömmliches Menü. Wie so häufig in der asiatischen Küche haben wir uns für eine weiße Weinbegleitung entschieden. Zur Vorspeise öffnen wir einen frischen SchildSandStein Riesling aus der Remstalkellerei. Mit seiner präsenten Säure und dezenten Fruchtnoten harmoniert er wunderbar zum Erbsencappucchino, den Roman mit zwei PS gemixt und mit Kokosschaum getoppt hat. Bei den Blumenkohl-Wings können wir uns nicht entscheiden und machen einfach zwei Flaschen auf. Der Hullabaloo von Markus Schneider ist eine saftige Cuveé aus Sauvignon Blanc, Weißburgunder und Viognier. Der Pinot Blanc Edition „R“ aus der Remstalkellerei ist ein ausdruckstarker Weißburgunder, der ebenso gut mit der Teriyaki-Sauce mithalten kann. Zum exotischen Dessert könnte man zwar auch einen Cocktail mixen, merkt Roman Kress an, aber weil wir gerade so schön sitzen und quatschen: Der Moscato d’Asti vom Weingut La Spinetta macht sich auch sehr gut dazu.

Und auch der Grünkern hat zum Finale noch einen effektvoll-crunchigen Auftritt im Krokant. Wir sind uns einig: „Letztlich geht es doch immer nur um den guten Geschmack.“ Und der lässt sich eben auf vielen Wegen erzielen.

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